Grußwörtchen

Hier sind ab 8. Oktober unsere "Grußwörtchen" zu 50 Jahre Amt für Religionsunterricht abrufbar.

Grußwort 50 Jahre Amt für Religionsunterricht

 

Der Religionsunterricht sei - Mein eigener war es nicht: Besonders beeindruckend. Offen gestanden habe ich überhaupt wenig Erinnerung an meinen Religionsunterricht. Die Lehrperson trug bunte Socken. Das weiß ich noch. Ansonsten haben wir Texte gelesen. Sehr viele Texte. Aber nie so wirklich verstanden, was die mit uns und unserem Leben zu tun haben sollen. Dass ich Theologie studiert habe, verdanke ich nicht dem Religionsunterricht. Aber weil ich Theologie studiert habe, habe ich längst begriffen, welche Chancen eigentlich im Religionsunterricht liegen.

 

Über all die Jahre sind mir so viele Menschen begegnet, denen es anders erging als mir. Die ihren Religionsunterricht als gelungen und bereichernd erlebt haben. Zur Not für ein ganzes Leben. Da spielen prägende Personen und Persönlichkeiten eine Rolle. Aber noch mehr und immer mehr die Erkenntnis, dass Religionsunterricht nun eben nicht nur aus dem Studium elaborierter Worte von superklugen Menschen besteht. Die haben alle ihren Sinn. Aber nur dann, wenn ich verstehe, dass es dabei um mich geht. Mein Leben, meine Rahmenbedingungen, meine Existenz, meine Zukunft, meinen Sinn, meine Seele.

 

Und damit ist für mich die größte Chance des Religionsunterrichtes beschrieben. In einem Schulsystem, das seine eigenen Duftnoten setzt, natürlich auf Wissensvermittlung und Leistung baut, junge Menschen im Hirn fit machen will für eine komplexe und globale Welt, setzt der Religionsunterricht seine ganz eigene Duftnote. Eben nicht als reine Religionskunde, sondern als ein Ort von Bildung im umfassenden Sinn. Für Hirn und Herz und Seele. Unter Umständen dreizehn Jahre lang hat der Religionsunterricht die Chance, junge Menschen nicht nur auf ihre Rolle als Mitbürgerinnen und Arbeitnehmer vorzubereiten, sondern sich als innerlich reifende Persönlichkeiten zu begreifen, die ihren Platz suchen und finden können in einer Welt, die gerade in diesen Zeiten uns alle vor große Herausforderungen stellt.

 

Nicht dass das woanders nicht auch geschehen kann, aber dort soll es geschehen. Dort ist Raum für das große Credo des christlichen Glaubens, dass dem Menschen als Ebenbild Gottes eine unzerstörbare Würde anhaftet, dass ein jeder und eine jede vor Gott einen Wert hat und dass die Welt eben nicht aus Gewinnern und Verlierern besteht, sondern aus Menschen mit einem Recht auf gelingendes Leben. Natürlich höre ich die kritischen Stimmen, die im Religionsunterricht eine Art Kaderschmiede für eine Kirche im Niedergang vermuten. Natürlich sehe ich, dass unsere Gesellschaft nicht mehr nur christlich, sondern längst religiös plural ist. Aber das eine stimmt nicht und das andere hindert nicht. Im Gegenteil. Wer die Religion aus der Schule verbannt, schüttet das Kind mit dem Bade aus. Das Kind hat ein Recht auf Religion. Auch und gerade auf seinem offiziellen Bildungsweg.

 

Deshalb ist für mich diese „res mixta“ von Staat und Kirche auch in keiner Weise anstößig, sondern gesellschaftsrelevant. Als Kirche werden wir mit einem Bildungsauftrag zu den Menschen geschickt, der Staat hat Sorge zu tragen für Bildung. Schlüssel und Schloss. Im idealen Fall abgebildet durch Art. 7.3 unseres Grundgesetzes. Der den Religionsgemeinschaften ein Recht gibt, aber auch eine Pflicht. Er soll gut sein, der Religionsunterricht. Und dafür trägt nun seit 50 Jahren das Amt für Religionsunterricht Sorge. Ob im Rahmen der Gestellungsverträge oder im Feld der staatlichen Lehrkräfte, ob im Kontakt mit Schulleitungen oder im Gespräch mit Ministerien, ist hier die Schaltstelle für eine Schnittstelle. Für eine, die ich auch in einer Zukunft für unverzichtbar halte, in der wir den Gürtel enger schnallen müssen. Weil die Aufgabe bleibt. Menschen auf ihrem Weg ins Leben und durchs Leben zu begleiten, für ihre Seele Sorge zu tragen und ihnen Rüstzeug an die Hand zu geben, damit sie sich als Individuum verstehen lernen und als Teil einer Gemeinschaft begreifen können. Um Gottes und der Menschen willen. Besonders der jungen.

 

Sie profitieren letztlich von dem, was im Bereich Religionsunterricht geleistet wird. Ob auf Ebene des Amtes für Religionsunterricht oder der Religionspädagogischen Zentren oder der vielen Lehrkräfte, die Tag für Tag mit Herzblut für ihr Fach einstehen. Ihnen allen gehört mein Dank heute. Es ist ein Segen, dass es Sie gibt. Und mit Gottes Segen mögen Sie tun, was Sie tun. Wie in den letzten fünfzig Jahren so hoffentlich auch in den nächsten fünfzig Jahren. Ich danke Ihnen!